Alte Geschicht(n) – Teil

veröffentlicht im Gemeindebrief Juni/Juli 2020

An dieser Stelle wollen wir in den nächsten Ausgaben des Gemeindebriefes immer mal wieder ein Schlaglicht auf die Geschichte unserer Kirchengemeinde, unseres Dorfes und – nicht zuletzt – unserer Kirche werfen. Die Frage, was eigentlich war, bevor wir waren, hat Menschen in allen Zeiten bewegt. Ebenso die Suche nach den Wurzeln der eigenen Geschichte und der Geschichte des Ortes, der einem Heimat ist. Für das erste Schlaglicht geht es weit zurück in das Mittelalter, in die Zeit, in der Ruhlsdorf entstanden ist.

Wir gehen zurück in eine Zeit, in der das Land zwischen Elbe und Oder noch nicht sehr lange zu dem Gebiet gehörte, das wir heute Deutschland nennen. Nach einer ersten Eroberung durch Heinrich I. im Jahr 928/929 und der Gründung der Bistümer Brandenburg und Havelberg durch Otto I. im Jahr 962 wurde die Herrschaft des Ostfränkischen Reichs zwischen Elbe und Oder durch den Slawenaufstand im Jahr 983 wieder jäh beendet. Erst um das Jahr 1150 herum gelang es dem Askanier Albrecht der Bär dieses Land wieder zu erobern und am 11. Juni 1157 die Brandenburg endgültig in seinen Besitz zu bringen. Von dieser Zeit an begann der Landesausbau mit der Ansiedlung von Siedlern aus anderen Teilen des Reiches. Teilweise wurde die hier ansässige slawische Bevölkerung verdrängt, häufig aber wurde sie in den Landesausbau einbezogen und mischte sich mit den Neusiedlern.

Wann Ruhlsdorf tatsächlich gegründet wurde, lässt sich nicht sicher sagen, vermutlich aber bereits im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts. Ob es schließlich auch die Askanier waren, die Ruhlsdorf gründeten, ist ebenfalls nicht sicher. Denn auch die Wettiner versuchten, von der Lausitz kommend, auf dem Hohen Teltow Fuß zu fassen. Demnach könnte Ruhlsdorf auch eine wettinische Gründung sein.

Sucht man etwas zur Geschichte Ruhlsdorfs, etwa bei Wikipedia im Internet, dann stößt man sehr schnell auf die Jahreszahl 1299, als dem Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung. Weiter kann man erfahren, dass in diesem Jahr Markgraf Hermann den Ort Ruervelstorp dem Bischof von Brandenburg übereignete. Was dahinter steckte und warum der Landesherr das Dorf an das Bistum Brandenburg abgab, bleibt bei den meisten historischen Notizen über Ruhlsdorf im Dunkeln. Um hierüber mehr zu erfahren, lohnt es sich, aus der digitalen in die analoge Welt zu wechseln und den einstigen Leiter des Berliner Stadtarchivs, Ernst Fidicin, zu Rate zu ziehen. Ernst Fidicin hat in seiner „Geschichte des Kreises Teltow“, die im Jahr 1857 erschienen ist, Näheres zu diesem Eigentumswechsel in der Frühzeit unserer Dorfgeschichte geschrieben und schildert dabei einen Sachverhalt, der eigentlich ziemlich modern ist:

Der Markgraf Herrmann hatte ein Darlehn von 300 Mark Silbers aufgenommen, wofür der Bischof Volrad zu Brandenburg Bürgschaft leistete und sein Schloß Ziesar zum Unterpfande einsetzte. Der Markgraf hatte die zur Rückzahlung bestimmte Frist nicht inne halten können und war der Bischof genöthigt, die verbürgte Schuld aus seinen Mitteln zu zahlen. Zur Schadloshaltung stellte der Markgraf dem Bischof am 11. April 1299 eine Verschreibung aus: daß er ihm die Stadt Teltow mit den dabei belegenen Dörfern Giesensdorf, Heinersdorf, Rulsdorf, Stansdorf, Schönow, Slavisch Stansdorf und slavisch Stolpe, mit Seen , Gewässern, Mühlen, Wiesen, Weiden, Aeckern u.s.w. zum ungestörten Besitze abtrete, und nur in dem Falle, daß der Markgraf einen Sohn oder legitimen Erben hinterließe, sollte der Bischof verpflichtet sein, die überlassenen Güter, gegen Erstattung jener Schuldsumme wieder zurückzugeben.

Obwohl der Markgraf Herrmann einen Sohn, Johann, hinterließ, blieb das Dorf bis ins 15. Jahrhundert im Besitz des Bistums Brandenburg, das es im Jahr 1427 teilte und einen Teil verkaufte.

So erfahren wir über Ruhlsdorf das erste Mal etwas im Zusammenhang mit einem geplatzten Kredit.

(Axel Strohbusch)